De grie Baum
In meiner Erinnerung war das Gasthaus „Zum grünen Baum“ eine der urigsten Hausacher Wirtschaften. Nicht nur, dass der Wirt, seines Zeichens Metzger, ein schwäbisches Original verkörperte und aufgrund seines starken Dialekts den Spitznamen „Gsei“ trug, sondern auch, dass seine Lokaleinrichtung mit dem grünen Kachelofen dem Typ einer echten Dorfwirtschaft nahe kam. Man fühlte sich wohl am großen Stammtisch vor der Theke, hinter der tagein, tagaus die schwarzgekleidete schweigsame Wirtin ihres Amtes waltete.
Der Gast konnte von der Hauptstraße ebenerdig eintreten oder unfallfrei wieder hinaustorkeln; und im ersten Stock waren 6 Fremdenzimmer eingerichtet für Kurgäste. Allgemein war bekannt, dass die kulinarischen rustikalen Gerichte nirgends besser mundeten, da sie direkt aus der angeschlossenen Metzgerei kamen und die Wurstwaren eine besondere Qualität hatten.
Auch die anderen Köstlichkeiten, wie speziell im Winterhalbjahr der „Gallerei“ (lokale Bezeichnung) waren ein Renner, nämlich Sülze mit Schlachtfleisch und Innereien, sondern auch die Ausmaße der Schnitzel und Koteletts waren wohlbekannt.
Die beiden Söhne hatten die Spitznamen „Beizer“ und „Assisi“, der ältere aufgrund des elterlichen Gasthauses, der jüngere wegen seines Vornamens Franz, bzw. seines Namenspatrons von Assisi.
Nach Feierabend und am Wochenende war stets „Leben in der Bude“, am Sonntagnachmittag war manchmal Musik von einem Duo, z.B. Handharmonika und Trommel.
Eine Zeitlang war das Nebenzimmer die Umkleidekabine der örtlichen Fußballmannschaft, die nach dem Spiel dort ihre Siege feierten oder im gegenteiligen Fall ihren Misserfolg mit viel Gerstensaft ertränkten.
Auch an Fastnacht war das Haus ein beliebter Spielort für die Amateurkapelle „Bautsch“, die nur während der närrischen Tage in Aktion trat. Ein gutes halbes Dutzend Blechmusiker sorgten für Stimmung, wo immer sie auch auftauchten. Je später der Abend, um so größer die Gaudi, speziell wenn der „Dirigent“, Stadtbaumeister Laun das Szepter in die Hand nahm und die unvermeidliche Hymne anstimmte: „Kommt Brüder, wir trinken noch eins“, der „Treue Husar“ folgte postwendend, und beim altbekannten „Im Gummewald isch Holzaktion“ tanzten Alt und Jung den Rheinländer, jedenfalls solange genug Raum war für die drei seitlichen Doppelschritte. Der „Echli Fritz“ war ebenso in seinem Element mit der geliebten Pauke und der „Schoche David“ dudelte die höchsten Töne auf seiner Buchsbaum-Klarinette, die als „Gelbrüeb“ bezeichnete.
Nach dem Ableben des legendären Wirts übernahm „Assisi“ mit seiner Frau das Gasthaus, bis es anlässlich einer Straßenerweiterung abgerissen wurde.
(Kapelle Bautsch v.l.n.r.): Karl Schmid – Fritz Schmidt – Erwin Ilg – David Schoch – Franz Kech – Hans Kreitel – Emil Moriz – Karl Oberle – Ludwig Laun
(Lothar Sonntag 2013)