Beschreibung der Projekte

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„Wider das Vergessen“

vergessen1Ende der 90ger Jahre recherchierte Norbert Baumann umfangreich zum Thema Zwangsarbeiter in der Zeit des Nationalsozialismus. Er unterhielt Korrespondenz mit dem „Internationalen Suchdienst des Roten Kreuzes“, aber auch mit Archiven verschiedener Städte und Kreise. Es entstand ein Schriftverkehr mit Betroffenen im In- und Ausland. Herr Baumann war Mitglied im „Berliner Arbeitskreis Zwangsarbeit“, in dem rund 350 Interessierte aus allen Bevölkerungsschichten über das Internet verbunden waren.

2003 schlossen sich Günther Rosemann, Manfred Schoch und Heinz Welschbach dem Projekt von Herrn Baumann an, die Gruppe „Wider das Vergessen“ war entstanden.          


(Bild v.l.n.r.) Heinz Welschbach, Norbert Baumann,
Manfred Schoch und Günther Rosemann

1. Projekt

Zwangsarbeiter in Hausach

vergessen2Die Gruppe konzentrierte sich nun darauf, die spärlich vorhandenen Unterlagen über die Zwangs- und Fremdarbeiter in Hausach zu ergänzen. Wie viele gab es? Wo waren sie beschäftigt? Wie haben sie gelebt? Gibt es Überlebende? Hat es Entschädigungen gegeben?

Vorläufiger Höhepunkt der Bemühungen war der Besuch von Michal Deberny aus Polen. Er suchte seine ehemalige Arbeitsstätte auf, einen Hof im Breitenbach, und schilderte seine Erfahrungen in bewegenden Worten.

vergessen3Das Ziel, die Ergebnisse der Recherchen der breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, konnte im Jahr 2005 realisiert werden. Obwohl die Stadt Hausach keinen Einblick ins Archiv gewährte, boten die umfangreichen Ergebnisse in der Präsentation „Bevor Vergangenheit vergeht – Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“ in der Buchhandlung Streit in Hausach für vier Wochen ein umfassendes Bild der damaligen Situation.

Die Ausstellung beinhaltete sowohl die ideologischen Grundlagen wie auch Informationen über Arbeitsplätze, Unterkünfte, den Alltag und die Schicksale der Gefangenen in Hausach.

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Was diese Infotafel der Firma Hosenträger Schmider betrifft, so hat ein dort Beschäftigter MI, Guido Carafoli aus Italien, Portraits von Hausachern gezeichnet. Oben Johann Schmider, unten von linkes Hugo Streit, Berta Streit und Heinrich Manogg, Vater von Heinerike Anderwald.

 

  

 

 

2. Projekt

vergessen5Gedenktafel für den US-Bomberpilot Albert W. Pines und die Freiburger Flakhelfer

Im November 2006 konnte die Gruppe „Wider das Vergessen“ den am 2. Febr. 1945 abgeschossenen Bomberpiloten Albert W. Pines mit Unterstützung von Herrn Erber aus Haslach sowie einer umfangreichen Dokumentation der US-Zentralstelle „US Army Human Recources“ dem am 2. Febr. 1945 getöteten US-Bomberpiloten Pines am Tannenwald eine Gedenktafel erstellen. Ein berührender Augenblick, denn sieben ehemalige Flakhelfer aus Freiburg, die die Maschine abgeschossen hatten, wohnten der Veranstaltung bei. Wenige Tage nach dem Abschuss von Albert W. Pines verlor ein Flakhelfer, 17jährig, sein Leben.

Arnold Frey, Freund des Getöteten, hat seine Gedanken wie folgt formuliert:

„Hoffnungsvoll am Beginn des Lebens, Noch Knospen am Lebensbaum,

Wurden wir gerufen. vergessen6Euch, Freiburg und Hausch, zu beschützen.

Als Freiburg versank in jener Nacht, Drei von uns versanken mit.

Der Schneider, Demmer und Hessel. Kein Erblühen, keine Furcht,

Das höchste Opfer dargebracht. In Hausach kamen Tag für Tag

vergessen7Die Jabos mit Bomben und Beschuss, Der Tod umgab uns junge Menschen

Und nahm uns den Kameraden Fritz. Kein Erblühen, keine Furcht

Das höchste Opfer dargebracht. In unseren Herzen leben sie,

Unvergessen, so wie sie waren, Der Schneider, Demmer, Hessel und Fritz.

Auf dem Ehrenfriedhof bei der Dorfkirche befindet sich dieser
Gedenkstein für Herrn Robert Fritz.
 

 

 

 

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Gedenkfeier für den US-Bomberpilot Albert W. Pines und die Freiburger Flakhelfer 

3. Projekt

Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das im Jahr 1992 begann. Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln, sogenannten Stolpersteinen, soll an das Schicksal vergessen9der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus (NS-Zeit) verfolgt, ermordetdeportiertvertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die quadratischen Messingtafeln mit abgerundeten Ecken und Kanten sind mit von Hand mittels Hammer und Schlagbuchstaben eingeschlagenen Lettern beschriftet und werden von einem angegossenen Betonwürfel mit einer Kantenlänge von 96 × vergessen1096 und einer Höhe von 100 Millimetern getragen.[1] Sie werden meist vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS-Opfer niveaugleich in das Pflaster bzw. den Belag des jeweiligen Gehwegs eingelassen.

Nachdem bereits 2011 Günther Rosemann verstorben war, endete mit diesem Projekt die Arbeit unserer Gruppe. (Autor Manfred Schoch)

Gedenkfeier Verlegung Stolperstein

In Hausach wurden 4 Stolpersteine verlegt:

  1. Vor der Volksbank für Herrn Pfarrer König, Jg. 1904, verhaftet 1944, Gefängnis Waldshut, gestorben an Haftfolgen am 13.05.1945
  2. In der Schlossstraße 4 für Herrn Eugen Decker, Jg. 1897, am 03.06.1937 in die Pflegeanstalt Fußbach eingewiesen, ermordet am 29.08.1940 in der Heilanstalt Grafeneck, T4-Aktion
  3. Vor Rudis Backstüble für Herrn Oskar Lehmann, Jg. 1914, Wehrmachtsgefängnis Torgau/Fort Zinna, Bewährungs-Bataillon 500, gestorben am 19.08.1943 in Tossina
  4. Beim Naturfreundehaus Lassgrund für Franz Sengle, Jg. 1898, "Schutzhaft" 1940, Gefängnis Wolfach, Dachau, Sachsenhausen, 1941 Neuengamme, ermordet am 13.08.1941 im KZ Dachau

Die Biografien und Schicksale dieser Personen entnehmen Sie bitte den gesondert aufgeführten Stolperstein- Beschreibungen.

Anhänge: Presseveröffentlichungen

Freiburger Gymnasiasten waren 1944 dazu verdonnert, feindliche Jagdbomber abschießen zu müssen. Der amerikanische Pilot Albert W Pines wurde am 2. Februar 1945 abgeschossen. Seit gestern (24.11.2006) erinnert eine Gedenktafel am Feldweg oberhalb des Stadions an diesen mörderischen Unsinn. 

Sie waren 16 oder 17 Jahre alt, als sie die Schulbank an der Rotteck-Oberrealschule verlassen mussten, um für ein mörderisches Regime feindliche Jagdbomber abzuschießen. Wenn die 18 ehemaligen Flakhelfer, die sich gestern um die neue Gedenktafel am »Tannenwald« scharten, von ihrem Einsatz erzählen, denkt man unwillkürlich an den Antikriegsfilm »Die Brücke«. »2. 2. 45 1 Thunderbolt bei Hausach 2 Punkte« steht auf der Abschussliste des Luftwaffen-Ober-Helfers Fritz Grafmüller, die für die Verleihung des Flieger-Kampfabzeichens bestimmt war. Fritz Grafmüllerwar einer der 18 alten Herren um die 80, die vor über 60 Jahren für den Einsatz in Hausach verpflichtet wurden und gestern freiwillig dorthin zurückkehrten – um des amerikanischen Piloten Albert Pines zu gedenken, der in jener »Thunderbolt« gesessen hatte. Aber auch, um sich der Kameraden zu erinnern, die an ihrer Seite das Leben verloren, bevor es richtig begonnen hatte. Die Gruppe, die sich seit Jahren um die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Hausach bemüht, hat eine Gedenktafel erarbeitet, die an die Geschehnisse im Februar 1945 erinnert. Die Finanzierung der Tafel hatte die Stadt Hausach übernommen. »Sie haben Ihr Leben guten Glaubens für ein menschenverachtendes System eingesetzt«, begrüßte Manfred Schoch die ehemaligen Flakhelfer, sichtbar ergriffen, dass diese die Einladung in so großer Zahl angenommen hatten. Der Haslacher Ottmar Erber, der die Kriegszeit im Kinzigtal erforscht, hatte die Kontakte hergestellt. »Ein mörderischer, ja vorsätzlich inszenierter Krieg und eine von den Großmächten beschwichtigende Politik sorgten dafür, dass sich die Wege völlig fremder Menschen kreuzten, sich zu einem kompromisslosen ‘Du oder Ich’ steigerten, für Führer, Volk und Vaterland – was für eine Täuschung der Menschen«, zitierte Schoch aus dem Brief Fritz Grafmüllers, die dieser nach einer »Spurensuche« 1999 in Hausach an seine ehemaligen Klassen- und Kriegskameraden geschrieben hatte. Nun waren sie alle zu einer Spurensuche zurückgekehrt. Die Übergabe der Gedenktafel an die Öffentlichkeit verstehe man als »Zeichen der Versöhnung über alle Grenzen hinweg, als mahnendes Bekenntnis zur Humanität«, sagte Manfred Schoch. In Zeiten, in denen der Rechtsradikalismus nicht nur an den politischen Rändern Fuß zu fassen scheint, sei jeder gefordert, den Anfängen zu wehren. Voraussetzung dafür jedoch ein fundiertes Geschichtsbewusstsein. »Diese Notwendigkeit werden wir weiterhin nicht aus den Augen verlieren«, versprach Schoch im Namen der Gruppe. Um die Tafel herum standen keine Kriegsveteranen, die mit leuchtenden Augen von ihren Heldentaten berichteten – sondern sehr berührte alte Herren, die sich ihrer Tränen nicht schämten. Erich Jäger aus Bad Säckingen betonte, dass die jugendlichen Flakhelfer damals keinesfalls nur »Helfer« waren, sondern wie Soldaten an der Front mit der Waffe Kriegsdienst im Heimatgebiet leisten mussten. »Wie war es überhaupt möglich, dass wir das in diesem Alter haben bewältigen können?«, fragt er sich heute und schloss eine Rede mit den lateinischen Worten »Dona nobis pacem« (Gib Frieden Herr). Die Gedenktafel sollte auch dazu dienen, dass solche Dinge nie mehr vorkommen, sagte Bürgermeister Manfred Wöhrle: »Wir müssen die Versöhnung im Herzen tragen, nicht nur die Erinnerung«, mahnte er. »Was wir hier machen, hat einen Sinn«, dankte Bernd Schmid der Gruppe, die derzeit versucht, die NS-Zeit in Hausach aufzuarbeiten. Der Vorsitzende des Historischen Vereins will als Rektor der Graf-Heinrich-Schule beim nächsten Besuch auch die Kinder der Partnerstadt Arbois zu dieser Gedenktafel führen, um deutlich zu machen, dass »Krieg, in welcher Form auch immer, sinnlos ist«. (Autorin Claudia Ramsteiner – Offenburger Tageblatt)

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Pressebericht Schwarzwälder Bote